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Bunte Blätter

Spätestens im September vergehen die heißen Tage des Sommers. Auch wenn tagsüber noch angenehme oder spätsommerlich höhere Temperaturen auftreten, werden die Nächte allmählich spürbar kühler.

Es ist die Zeit der Ernte: Das Obst reift, die Früchte von Rosen, Weißdorn, Pfaffenhütlein, Schlehen färben sich. Nüsse und Samen vieler Bäume fallen zu Boden oder werden mit dem Wind verdriftet.

Grüne Blätter werden gelb, orange, rot oder braun und tragen bei zum bunten Bild des Herbstes.

Metereologisch versteht man unter dem Beginn des (Voll)herbstes den Beginn des Fruchtfalls bei der Stieleiche und der Rosskastanie. Er tritt im Mittel um den 19. September auf, kann sich aber natürlich witterungsbedingt verschieben. Der Spätherbst beginnt mit der Verfärbung der Blätter bei Obst- und wildwachsenden Bäumen. In Deutschland ist dies in der Regel um den 2. Oktober der Fall. Tendenziell beginnt in den letzten Jahrzehnten der Vollherbst immer früher, der Spätherbst aber immer später.

Fruchtreife, Blattverfärbung und Blattabwurf können als Alterungsprozesse gesehen werden, die genetisch gesteuert sind, also aktive Entwicklungsvorgänge darstellen. Am Beispiel der Blattalterung soll der Prozess näher betrachtet werden:

Die wesentlichen Vorgänge im (jungen) leistungsfähigen Laubblatt stellen sich folgendermaßen dar:

Laubblätter verdunsten Wasser. Dies ist notwendig, um den Wassertransport im Baum und damit auch die fortlaufende Aufnahme von Wasser und Mineralsalzen durch die Wurzeln aufrecht zu erhalten. Verantwortlich für diesen Prozess sind einerseits die Blattadern , die als Wasserleitungen dienen, und andererseits die Spaltöffnungen auf der Unterseite der Blätter, die für den Wasseraustritt sorgen. Eine ausgewachsene Buche verdunstet während der Vegetationsperiode ca. 400l Wasser täglich, eine Birke etwa 150l !

Von grundlegender Bedeutung für die meisten Pflanzen ist der Prozess der Fotosynthese. Mit Hilfe der Energie von Sonnenlicht wird in den Chloroplasten (den Organellen in den Blattzellen, in denen Fotosynthese erfolgt) aus Kohlenstoffdioxid und Wasser zunächst Traubenzucker hergestellt. Traubenzucker ist eine Grundchemikalie, die eine Pflanze braucht, um all jene Stoffe produzieren zu können, aus denen sie besteht. Bei der Fotosynthese wird Sauerstoff freigesetzt. Dieses „Abfallprodukt“ ist verantwortlich für den Sauerstoffgehalt der Luft. Die Fotosynthese der Pflanzen ist somit die Voraussetzung dafür, dass tierisches und menschliches Leben überhaupt möglich ist.

Bei der Fotosynthese spielen Blattfarbstoffe eine wesentliche Rolle. Am wichtigsten sind die Chlorophylle a und b, grüne Farbstoffe, die für die Absorption des Sonnenlichts und damit für die Energieaufnahme und -übertragung innerhalb der Pflanze von entscheidender Bedeutung sind. Sie absorbieren besonders Rot- und Blaulicht. Vor allem der grüne Anteil des Sonnenlichts wird durch sie reflektiert, weshalb die Chlorophylle und damit die Blätter in der Regel grün gefärbt sind. Daneben treten noch sogenannte akzessorische Blattfarbstoffe auf, die bei der Energieübertragung unterstützend wirken. Zu ihnen gehören die meist orangen Carotinoide und die gelben

Xanthophylle. Zusätzlich zur Energieübertragung übernehmen sie bei intensiver Beleuchtung Lichtschutzfunktion, indem sie z.B. freie Radikale binden. Sie verhindern u.a. die Zerstörung der Chlorophyllmoleküle. Dies gilt auch für Anthocyane, die rot, violett oder blau gefärbt sein können.

Blutbuchen haben natürlicherweise dunkelrote Blätter wegen ihres hohen Anthocyangehaltes. Bei diesen Rotbuchenmutanten liegt eine Störung des Anthocyanabbaus vor, wodurch die grüne Farbe der Chlorophylle durch das Anthocyanrot überdeckt wird.

Warum werfen die Laubbäume der gemäßigten Breiten, ebenso wie viele Sträucher ihr Laub ab? Bei einem großen Teil der Stauden und der Kräuter sterben sogar alle oberirdischen Teile ab.

Verantwortlich dafür sind im wesentlichen drei sich in Herbst und Winter verändernde Umweltbedingungen:

- Im Herbst sinken die Temperaturen nach und nach, bis sie im Winter den niedrigsten Stand erreichen. Dadurch werden sich, nach den Gesetzen der Thermodynamik, die Stoffwechselvorgänge in den Pflanzen stark verlangsamen. Dies betrifft sowohl die stoffaufbauenden, wie auch die abbauenden Vorgänge.

- Zusätzlich wird die tägliche Sonnenscheindauer immer kürzer und die Lichtintensität nimmt aufgrund des niedrigeren Sonnenstand immer mehr ab. In der Folge wird die Fotosyntheserate immer geringer, sodass der ganze Stoffwechselapparat nicht mehr erhalten werden kann.

- Wenn die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fallen, gefriert der Boden und das im Boden enthaltene Wasser. Pflanzen sind nicht in der Lage, gefrorenes Wasser aufzunehmen. Voll funktionierende Laubblätter verdunsten aber weiterhin das noch flüssige Wasser in den Blattadern. Bei fehlendem Nachschub führt der Wassermangel in den Pflanzen allmählich zum Vertrocknen und Absterben der ganzen Pflanze. Ist das Wasser in der Pflanze gefroren, werden die Zellen durch die Eiskristalle zerstört, ein Vorgang, den der betreffende Organismus nicht überlebt. Ein Schutz vor diesen existenziell bedrohlichen „Wasserschäden“ wird durch Laubabwurf erreicht.

Der Baum geht in einen inaktiven Zustand über, bis die Temperatur, Tageslänge und Lichtmenge wieder genügend ansteigen.

Einen zusätzlichen Vorteil des Blattfalls stellt die Entsorgung von Giftstoffen dar. Dies betrifft sowohl Abfallstoffe, die im Stoffwechsel anfallen, wie auch Schadstoffe, die über Wurzeln oder Blätter aufgenommen wurden.

Nicht vergessen werden sollte, dass Insekten, Pilze und Bakterien das Laub auf dem Boden abbauen und in Humus verwandeln, der als Dünger der Pflanze wieder zur Verfügung steht.

Viele Nadelbäume werfen ihr Laub (Nadelblätter) im Herbst nicht ab. Man bezeichnet sie als immergrüne Pflanzen. Sie haben einen eigenen Schutzmechanismus entwickelt: Im Vergleich zu Laubblättern haben Nadelblätter eine kleinere Oberfläche mit entsprechend geringerer Wasserverdunstungsfläche. Zusätzlich bedeckt eine dicke Wachsschicht die Blattoberfläche. Die wenigen Spaltöffnungen sind klein und versenkt. Dadurch verdunsten Nadelbäume erheblich weniger Wasser als Laubbäume. In den Leitungsbahnen befinden sich außerdem Frostschutzmittel, die ein Gefrieren des Wassers im Inneren des Baumes verhindern.

Allerdings bezahlen die Nadelbäume diesen Vorteil gegenüber Laubbäumen mit der geringeren Fotosyntheserate während der Vegetationsperiode.

Eine Ausnahme stellt die Lärche dar. Ihre Nadeln sind nur wenig verdunstungsgeschützt. Deshalb verliert sie im Herbst ihre gelbgefärbten Nadeln.

Sommergrüne Laubbäume gehen, wie die meisten Lebewesen, sparsam mit ihren Ressourcen um.

Da sie mit dem Laubabwurf erhebliche Mengen an Biomasse verlieren, versuchen sie, vorher alle noch verwertbaren Stoffe aus den Blättern zu gewinnen.

Mit abnehmender Tageslänge und niedrigeren Temperaturen werden die Pflanzenhormone Ethen und Abscissinsäure gebildet. Diese gelangen über das Wasserleitungssystem (Xylem) der Leitbündel in die Laubblätter. Dort regen sie die Produktion abbauender Enzyme an, die ihrerseits die Zersetzung wertvoller Proteine, Kohlenhydrate, Nukleinsäuren und der wichtigsten Blattfarbstoffe durchführen. Die wasserlöslichen Abbauprodukte gelangen zusammen mit den rückgewonnen Mineralsalzen über die Stoffleitungsbahnen (Phloem) der Leitbündel in Zweige, Stamm und Wurzeln, wo sie gespeichert werden können. Der Abbau erfolgt nicht überall und bei allen Stoffen gleichzeitig, sondern so, dass die Blätter zunächst noch funktionsfähig bleiben und noch in Teilen Fotosynthese betreiben können. Häufig werden zunächst die Wertstoffe an den Rändern der Blattspreiten abgebaut. Die Bereiche um die Blattadern bleiben dann noch grün, während an den Rändern bereits Verfärbungen auftreten.

Oft werden in diesem Stadium rote Anthocyane aufgebaut, die das inzwischen lichtempfindlichere Blatt vor zu starker Sonneneinstrahlung schützen.

Zur typischen Blattverfärbung kommt es in der Regel erst dann, wenn das Blattgrün abgebaut ist. Die noch übrigen Carotinoide und Xanthophylle färben die Blätter jetzt orange oder gelb.

Wenn die wertvollen Stoffe zurückgewonnen sind, veranlassen die genannten Hormone, dass Zellulasen die Zellwände am Grunde des Blattstiels abbauen. Dadurch hängt das Blatt nur noch instabil am Zweig. Andere Enzyme sorgen dafür, dass die Transportleitungen der Leitbündel vom Zweigende her verkorkt und damit verschlossen werden. So entsteht ein Trenngewebe, das das Abwerfen der Blätter erleichtert.

Bei manchen Baumarten werden zunächst die Lichtblätter (Blätter im Außenbereich der Krone) abgeworfen. Man kann dies gut daran erkennen, dass die Krone im oberen Teil zuerst ihre Blätter verliert. Oft erfolgt der Blattabwurf einseitig, wenn z.B. eine wärmere Hauswand ihn verzögert.

Nicht selten bleiben die Blätter noch eine Zeitlang hängen und sterben an den Zweigen ab. Dies kann man an der nun auftretenden Braunfärbung erkennen. Die charakteristischen braunen Phlobabene entstehen durch die Oxidation von Gerbstoffen.

Bei manchen Baumarten (z.B. bei Eichen, Buchen und Hainbuchen) wird kein Trenngewebe gebildet, sondern sogenannte Tyllen. Dabei handelt es sich um Zellen, die in die Blattstiele einwuchern und die Leitungsbahnen verstopfen. Die Blattstiele bleiben relativ fest mit dem Zweig verbunden. Erst durch Stürme in Winter und Frühjahr werden die Blätter vom Baum gerissen.

Bunte Blätter im Herbst – ästhetische Zeichen eines überaus komplexen Vorgangs.

 

Quellen:

Dietrich, Stöcker, Fachlexikon ABC Biologie , Leipzig 1976

Taiz, Zeiger, Physiologie der Pflanzen, Heidelberg, Berlin 2000, S. 182, 364, 479 – 483, 659, 679.

de.wikipedia.org/wiki/Anthocyane aufgerufen am 13. 11. 2024

de.wikipedia.org/wiki/Carotinoide aufgerufen am 13. 11. 2024

de.wikipedia.org/wiki/Xanthophylle aufgerufen am 13. 11. 2024

dwd.de/DE/Wetter/thema_des_Tages/2014/10/7.html aufgerufen am 5. 11. 2024

nabu.de/tiere-und-pflanzen/pflanzen/pflanzenwissen/02724.html aufgerufen am 5. 11. 2024

waldwissen.net/de/Lebensraum-wald/baeume-und-waldpflanzen/herbstliche laubverfaerbung aufgerufen am 4. 11. 2024