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Artenportrait: Der Faulbaum (Frangula alnus syn. Rhamnus frangula)

Die deutsche Bezeichnung geht auf den fauligen Geruch der frisch abgeschälten Rinde zurück.

Auch die Benennung Stinkbaum bzw. Stinkstrauch oder einfach Stinker bezieht sich recht eindeutig darauf.

Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Namen im deutschen Sprachraum gebräuchlich, die oft mit der (früheren) Verwendung zusammenhängen:

Am bekanntesten ist die Bezeichnung Pulverholz. Sie leitet sich vom Schießpulver ab. Brechwegdorn, Chrottebeeri, Hundsbeere und Faulkirsche weisen darauf hin, dass die Pflanze ungenießbar bzw. giftig ist. Purgierbeere, Abführstrauch oder Scheißer nennen ganz eindeutig die medizinische Verwendung. Gelbholz kann man mit der Farbe der Wurzel in Verbindung bringen, aber auch mit der färbenden Wirkung der Rinde. Schusterholz, Zapfenholz und Zweckenholz benennen eine grundlegende Verwertung des Holzes. Amselbaum und Drosselholz verweisen auf die Verbreitung der Früchte durch Vögel. Glatter Kreuzdorn und Glatter Wegdorn beziehen sich auf die nahe Verwandtschaft mit dem Kreuzdorn (Rhamnus cathartica), die trotz der fehlenden Dornen besteht. Grindholz weist auf die grindartigen Pusteln hin, die der Pilz Tremella pururea auf der sich zersetzenden Rinde verursacht. Sprickel deutet schließlich die geringe Größe des Faulbaums an.

Beschreibung
Beim Faulbaum handelt es sich um einen unregelmäßig verzweigten Strauch von meist 1 – 3 m Höhe. In Ausnahmefällen wächst er als Baum und erreicht dabei gelegentlich eine Höhe von 7m.

Die Rinde der Zweige ist meist rot- bis graubraun gefärbt und enthält zahlreiche längliche weißlich bis hellbraune Lentizellen. Diese dienen , wie die Spaltöffnungen der Blätter, zum Gasaustausch. Die jungen Zweige tragen, wie die Knospen im Winter, zu den Enden hin eine kurze dichte Behaarung. Ungewöhnlich ist der fehlende Knospenschutz: Die Knospen bestehen aus kleinen zusammengefalteten Blättern und sind nicht von typischen Knospenschuppen umhüllt.Die gestielten Blätter sind am Grund abgerundet, an der Spitze meist deutlich, oft sogar lang zugespitzt. Der glatte Blattrand ist meist leicht gewellt. Die beiderseits kahlen Spreiten sind elliptisch bis eiförmig und ca. 40 – 70mm lang. Sie haben 7 – 9 Paar parallel verlaufende Seitennerven, die kurz vor dem Blattrand nach oben abbiegen und den Rand nicht erreichen. Auf der Blattunterseite treten die Blattnerven deutlich sichtbar hervor.

Die zwittrigen, fünfzähligen Blüten stehen in einer blattachselständigen Scheindolde zusammen. Der Durchmesser der napfförmigen Einzelblüte beträgt 6 – 12 mm. An ihrem Grund befindet sich ein Diskus, d.h. ein Gebilde, in dem Nektar erzeugt wird. Die fünf weißlichen, dreieckigen Kelchblätter überragen die ebenfalls fünf noch kleineren weißen und schwach zweispitzigen Kronblätter. Die fünf Staubblätter verfügen jeweils über einen Faden, der von je einem Kronblatt kapuzenartig umhüllt wird. Jede Blüte hat einen kleinen kugelförmigen Fruchtknoten mit einem kurzen Griffel, der in einer zwei- bis dreiteiligen Narbe endet. Die kugeligen ca. 8mm großen Steinfrüchte sind zunächst grün gefärbt, werden dann rot und schließlich schwarz. Sie enthalten zwei bis drei harte Steinkerne.

Fortpflanzung und Verbreitung
Der Faulbaum blüht im Mai bis in den Juni im Anschluss an die Obstblüte.Für die Honigbiene stellt er eine wichtige Trachtquelle nach der Obst- und Wiesentracht im Frühling dar. Bienen, Hummeln, Schlupfwespen und Käfer bestäuben die wenig auffälligen Blüten. Es kann aber auch zur Selbstbestäubung kommen.

Vögel fressen die Früchte und scheiden die unverdaulichen Steinkerne wieder aus. Wacholder- und Misteldrossel, aber auch Amseln und Fasane verbreiten auf diese Weise die Samen. Jungpflanzen können auch aus sproßbürtigen Wurzeln hervorgehen und bilden dann einen Klon mit der jeweiligen Mutterpflanze.

Ökologie
Der Faulbaum besiedelt feuchte, nasse oder wechselfeuchte , relativ magere Lehm- und Tonböden, aber auch Sand- oder Torfböden, die zumindest in der Tiefe mineralstoffarm und meist auch basenarm und sauer sind. Der flachwurzelnde Faulbaum benötigt an solch ungünstigem Standort die Hilfe von symbiontischen Pilzen. Die ausgebildete Mykorrhiza wird als endotroph bezeichnet, da die Pilze in das Innere der Wurzeln hineinwachsen und sie nicht nur umhüllen. Mit Hilfe der Mykorrhiza kann der Faulbaum als Pionierpflanze in feuchten Heiden, Mooren, mageren Feuchtwiesen und feuchten Weiden auftreten. Da er Halbschatten erträgt, findet man ihn auch in Erlenbrüchen, Birkenmooren, Weidengebüsch, Auwäldern und feuchten Kiefern-, Eichen- und Eichen-Buchenwäldern.

Der Faulbaum stellt auch ein Problem dar, wenn er als Pionierpflanze oft artenreiche feuchte Wiesen, Weiden und Moore besiedelt. Seltene Arten dieser Flächen können dadurch verdrängt werden. Unerwünschte Verbuschung kann nur durch regelmäßige Mahd oder Entbuschung verhindert werden.

Da Beeren, Blätter und die frische Rinde des Faulbaums giftig sind, findet kein Wildverbiss statt. Allerdings fegen Rehböcke durchaus den Bast ihres Geweihs an den Zweigen des Faulbaums.

Der Zitronenfalter ist fast vollkommen vom Faulbaum abhängig: Die Eier werden auf ihm abgelegt und die Raupen fressen fast ausschließlich die Blätter des Faulbaums. Nur selten dient der nahe verwandte Kreuzdorn als Nahrungsquelle. Auch die Verpuppung findet auf dieser Pflanze statt. Die  Raupen des Brombeerzipfelfalters (Grüner Zipfelfalter), des Kreuzdornzipfelfalters und des Faulbaumbläulings können sich ebenfalls von den Faulbaumblättern ernähren.

Verwendung
Am wichtigsten ist sicher die Verwendung der Faulbaumrinde als Abführmittel. Man nimmt dazu die im Frühjahr gesammelte und an der Sonne oder im Schatten getrocknete Rinde. Sie muss mindestens ein Jahr gelagert sein, weil sie sonst zu starken Brechreiz verursacht. Alternativ kann sie bei 80 bis 100oC künstlich gealtert werden. Die Alterung bewirkt, dass die störenden Frangularoside genügend abgebaut werden. Als Hauptwirkstoffe verbleiben die Anthrachinonderivate Glucofrangulin und Frangulin. Sie führen die relativ milde abführende Wirkung herbei, indem sie für eine gewisse Restaufnahme von Wasser und Ionen aus dem Darmlumen des Dickdarms sorgen. Anders als bei vielen anderen Abführmitteln erfolgt gleichzeitig eine geringere Abgabe von Wasser ins Darmlumen.Verwendet wird die Droge oft als Teeaufguss. In Kombination mit weiteren Abführmitteln kann sie aber auch in Tabletten und Dragees enthalten sein. Nicht verwendet werden darf Faulbaumrinde bei Verdacht auf Darmverschluss, sowie in der Schwangerschaft und in der Stillzeit. Grundsätzlich wird aus verschiedenen Gründen von einem längeren Gebrauch abgeraten. Möglicherweise ist die Faulbaumrinde, über längere Zeit verwendet, krebserzeugend.

Früher wurde das Holz des Faulbaums (Pulverholz) zur Herstellung von Schießpulver verwendet. Die Holzkohle, die aus dem Faulbaumholz gewonnen wird, ist aschearm und sehr feinkörnig, so dass sie sich zur Schwarzpulverherstellung recht gut eignet.Sowohl die Rinde, als auch die Früchte können zum Färben von Wolle, Baumwolle und Seide genutzt werden. Rinde erzeugt gelbbraune bis rotbraune, Früchte zitronen- bis senfgelbe Farbtöne.Das leichte und weiche Holz eignet sich gut für kleinere Drechselarbeiten, die Herstellung von Spazierstöcken oder von Faßspunden.

Mythisches und Mystisches
Der Faulbaum steht symbolisch für das reinigende Göttliche Feuer, aber auch für Unheil und Bedrohung, sowie Unzuverlässigkeit. Deshalb sollten Amulette aus Faulbaumrinde vor dem Bösen schützen.

Der Strauch symbolisiert sowohl Stärke als auch Zerbrechlichkeit des Weiblichen.

In manchen Gegenden sieht man in ihm ein Saatorakel. So soll die Roggensaat umso früher erfolgen, je früher die Faulbaumfrüchte reifen. In Russland war die Meinung verbreitet, dass der Buchweizen gut wird, wenn der Faulbaum reichlich blüht.

Im Bergischen Land meinte man, dass die Rinde, nach oben abgeschält, Brechreiz verursacht. Wenn man sie dagegen nach unten abschält, galt sie als Abführmittel.

Bei den Sorben wurde der Faulbaum als Mittel gegen Fieber gesehen. Dazu musste die grüne Rinde von neun einjährigen Zweigen geschält und in Bier gekocht werden. Der Sud wurde dann zur Fiebersenkung getrunken.

Mancherorts konnten Hexen besonders gut fliegen, wenn sie sich mit Faulbaumrinde einrieben.

Literatur
Godet, J.-D., Knospen und Zweige, Bern 1987
Oberdorfer, E., Pflanzensoziologische Exkursionsflora, Stuttgart 1979
Pahlow, M., Das große Buch der Heilpflanzen, Augsburg 1999
Rothmaler, W., Exkursionsflora, Atlas der Gefäßpflanzen, Berlin 1988
Schmitt, Schuck, Stimm, Lexikon der Baum- und Straucharten, Hamburg 2002
Sebald, Seybold, Philippi, Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs, Bd 4, Stuttg. 1992

Einige ausgewählte Internetadressen:
www. Gartenbuch.shoutwiki.com/wiki/Faulbaum
https://www.lfl.bayern.de/iab/kulturlandschaft/echter Faulbaum
de.wikipedia.org/wiki/Faulbaum