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Artenportrait: Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling ( Phengaris nausithous B. 1779 )

Geläufige Bezeichnungen für diesen Schmetterling sind Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling, Schwarzblauer Bläuling oder Schwarzblauer Moorbläuling.

Merkmale der Falter

Von anderen Ameisenbläulingsarten unterscheidet sich P. nausithous durch die zimtbraune Flügelunterseite mit nur einer einzigen Fleckenreihe. Männliche und weibliche Falter unterscheiden sich in ihrem Aussehen (Sexualdimorphismus): Bei den Weibchen ist die Flügeloberseite einfarbig dunkelbraun, bei den Männchen dunkelblau mit einem breiten schwarzgrauen Rand. Die Vorderflügel haben kleine schwarze Punkte. Die Flügelunterseiten sind bei beiden Geschlechtern zimtbraun bis dunkelgraubraun gefärbt und mit einer bogenförmigen Reihe hell umrandeter schwarzer Punkte versehen.

 

Lebensweise

Die Falter bilden nur eine Generation im Jahr aus. Sie fliegen von Mitte Juni bis Mitte August. Ihr ganzes, kurzes Erwachsenenleben verbringen sie fast ausschließlich auf den Blütenköpfen des Großen Wiesenknopfs: Sie saugen am Nektar geöffneter Blüten, schlafen, balzen und paaren sich auf der Pflanze. Die Weibchen legen ihre Eier einzeln zwischen noch geschlossenen grünen Blüten des Wiesenknopfs ab. Die anfangs gelblichweiß gefärbten Raupen schlüpfen nach acht Tagen, bohren sich sofort in eine Einzelblüte ein und ernähren sich von ihr. In den Blüten häuten sie sich dreimal innerhalb von 18 bis 26 Tagen. Nach dieser Zeit sehen sie asselförmig aus, sind ca. 3mm lang und durch Farbstoffe der Wirtsblüten blutrot gefärbt. Sobald sie aus der Blüte gekrochen sind, lassen sie sich auf den Boden fallen. Dort warten sie darauf, von Ameisen gefunden zu werden. Knotenameisen der Gattung Myrmica, insbesondere die Rote Knotenameise (Myrmica rubra), betrillern sie mit ihren Fühlern und „melken“ die Raupen, die aus ihren Honigdrüsen ein zuckerhaltiges Sekret abgeben. Unterstützt wird der Adoptionsprozess, indem sich die Raupen

s-förmig krümmen und aufblähen und so Ameisenbrut imitieren. Durch diese erfolgreiche Täuschung werden die Raupen in das Ameisennest getragen. Dort ernähren sie sich bevorzugt von den Eiern der Wirtstiere. Die Ameisen tolerieren die Räuber vermutlich auch deshalb, weil die Raupen Botenstoffe absondern, die denen der Ameisenbrut sehr stark ähneln. Im Ameisenbau können die Bläulingslarven überwintern - gut geschützt durch die Wirtsameisen. Im Juni des folgenden Jahres verpuppen sich die nun dicken und großen Schmetterlingslarven. Nach ca. 25 Tagen schlüpfen die Falter am frühen Morgen, wenn die Ameisen noch nicht sehr aktiv sind. Sofort verlassen die Schmetterlinge den Bau, denn sie produzieren nun keine Ameisenpheromone mehr, die ihnen Schutz geben könnten. Erst an der Erdoberfläche pumpen die Schmetterlinge ihre Flügel auf und beginnen mit der Suche nach blühendem Wiesenknopf. Die Schmetterlinge werden maximal drei Wochen alt, oft aber auch nur zwei bis drei Tage.

Verbreitung und Vorkommen

Die Falterart ist vor allem im südlichen Mitteleuropa verbreitet. Das zusammenhängende Areal erstreckt sich von Ostfrankreich über Süddeutschland bis zum Alpenrand, über Österreich, Tschechien, Südpolen bis nach Nordwestungarn. Kleinere verstreute Vorkommen verteilen sich auf Regionen zwischen Spanien und dem südlichen und östlichen Sibirien. Bayern und Baden-Württemberg stellen das Hauptverbreitungsgebiet von P. nausithous dar. Auch in Bayern ist die Verbreitung lückenhaft. Hauptvorkommen befinden sich im Alpenvorland und im Bereich der nordwestlichen Mittelgebirge. Im nordostbayerischen Grundgebirge, dem Frankenjura und dem Mittelfränkischen Becken gibt es in einigen wenigen Flusstälern seltene Fundstellen für diese Falterart. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt in unserem Landkreis in den Lehmgebieten vor, wie um Allersberg. Allerdings ist er recht selten geworden.

 

Da ein Ameisenvolk maximal drei Larven ernähren, kann, ohne massiven Schaden zu erleiden, stellt die Zahl der Ameisenvölker in einem Lebensraum den wichtigsten begrenzenden Faktor für die Populationsdichte des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings dar. Deshalb treten bevorzugt Kleinvorkommen auf, die allerdings nicht selten mit anderen Kleinpopulationen vernetzt sind und so für den notwendigen genetischen Austausch sorgen.

P. nausithous besiedelt in Bayern überwiegend Pfeifengraswiesen, Feuchtwiesen, Glatthaferwiesen und feuchte Hochstaudenfluren, in denen sich stets Exemplare des Großen Wiesenknopfs befinden.

Einschürige Feuchtwiesen, Feuchtwiesenbrachen und feuchte Hochstaudenfluren stellen in ganz Bayern wichtige Habitate dar. Im Voralpenland und in den Alpentälern werden trockenere und von Hochstauden durchsetzte Pfeifengraswiesen gerne besiedelt. Dagegen können zweischürige Feuchtwiesen in diesen Bereichen keinen geeigneten Lebensraum bieten, da ein Schnittzeitpunkt entweder den Wiesenknopf oder die Larven in den Fruchtständen gefährdet.

In Nordbayern treten Habitatschwerpunkte in nassen Mädesüß-Hochstaudenfluren und in feuchten bis wechselfeuchten, mageren Glatthaferwiesen auf.

 

Gefährdung und Schutzmaßnahmen

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist abhängig vom Vorkommen und vor allem der Blütezeit des Großen Wiesenknopfs. Außerdem ist er gebunden an die Verbreitung und Dichte von Myrmica rubra, den Völkern der Wirtsameisenart. Die doppelte Abhängigkeit stellt Schutzmaßnahmen vor besondere Herausforderungen:

Die Futterpflanze der Jungraupen lebt im Offenland.Deshalb ist grundsätzlich Mahd oder Beweidung für den langfristigen Erhalt nötig. Zeitpunkt und Mahdhäufigkeit sind hiermit entscheidende Einflussfaktoren: Wird zu früh gemäht, können die Wiesenknopfpflanzen nicht blühen. Findet die Mahd statt, bevor die Jungraupen das 4. Larvenstadium erreicht haben, wird die ganze Population vernichtet. Ein besonders hohes Maß an Umsicht und Flexibiltät in der Planung des passenden Mahdzeitpunktes ist gefordert, da Witterungsverhältnisse und individuelle Standortbedingungen dafür verantwortlich sind, dass der Blühzeitpunkt des Wiesenknopfs stark variieren kann.

 

Die Wirtsameisen benötigen auch in Feuchtflächen trockenere und lockere Bodenstellen, um dort ihre kleinen Bauten anzulegen. Andererseits müssen die Nester aber teilweise beschattet werden. Eine Sommermahd wird deshalb nicht vertragen. Bodenverdichtung durch schwere Maschinen oder intensive Beweidung wirkt ebenfalls zerstörend. Bei Verbrachung tritt zu starke Beschattung auf. Insektizide können die Ameisen, Larven und Schmetterlinge töten, Herbizide den Großen Wiesenknopf.

 

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist europaweit gefährdet und geschützt. Er gilt als Schlüsselart der Feuchtwiesen und ist deshalb in die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie aufgenommen worden (Anhang II und IV). Gemäß Artikel 3, Absatz 1 müssen die Mitgliedstaaten Schutzgebiete für das Natura 2000-Netzwerk für Habitate der Art ausweisen und den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustandes gewährleisten.

In Deutschland wird die Art in der Vorwarnliste geführt, in Bayern gilt sie als gefährdet.

Bayern und Baden Württemberg bilden das Hauptverbreitungszentrum der Art. Sie stehen deshalb in besonderer Schutzverantwortung!

Anmerkung: In dem Artikel ist bewusst auf Fotos von Larven in Wiesenknopfblüten und Ameisennestern verzichtet worden, da die empfindlichen Tiere das Fotografieren mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überlebt hätten.

 

Karl-Heinz Donth