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Die Blauflügelige Ödlandschrecke ( Oedipoda caerulescens L. )

Im Logo der Sandachse Franken ist die Blauflügelige Ödlandschrecke abgebildet. Dieses Tier stellt einen der charakteristischen Vertreter offener Lebensräume dar, auch wenn nur wenige Menschen es je gesehen haben.

Die gedrungen wirkenden erwachsenen Tiere werden 13 – 23 mm (Männchen) bzw. 20 – 29 mm (Weibchen) lang. Der kräftige Brustbereich steht im Kontrast zu dem schlanken Hinterleib. Anders als bei den meisten Heuschrecken sind die kräftigen Sprungbeine nur relativ kurz ausgebildet. Verhältnismäßig lange und schmaleVorderflügel bedecken den Rücken.

Abhängig von Farbe und Musterung des Untergrundes zeigen die Tiere ein großes Farbspektrum: Sie können fast weiß, hellgrau, gelblich, braun, oder rotbraun bis fast schwarz gefärbt sein. Die Farbanpassung an die Bodenverhältnisse erfolgt schrittweise bei den einzelnen Häutungen. Sie kann aber auch noch bei den ausgewachsenen Tieren (Imagines) auftreten. Sowohl auf den Deckflügeln, als auch auf den Hinterbeinen befinden sich zwei bis drei deutlich erkennbare dunkle Querstreifen. Die einklappbaren, wesentlich größeren häutigen Hinterflügel sind zum Rumpf hin dunkelblau gefärbt. Ihre Farbe verblasst zum Rand hin und wird durch eine scharf abgesetzte dunkle Querbinde  begrenzt. Die Flügelspitzen erscheinen farblos transparent. Auch die Schienen der Hinterbeine können blaugefärbt sein.

Die Blauflügelige Ödlandschrecke kann mit der Blauflügeligen Sandschrecke verwechselt werden, die am gleichen Standort vorkommen kann. Bei ihr haben die Deckflügel oft nur einen dunklen, oft verwaschen wirkenden Fleck vor der Mitte. Die Hinterflügel leuchten hellblau und zeigen an den Enden eine auffällige schwarzbraune Querbinde. Das Halsschild der Sandschrecke ist im vorderen Teil abgerundet, während es bei der Ödlandschrecke dachförmig aussieht.

Man findet die Ödlandschrecke im Mittelmeerraum und in Kontinentaleuropa. Auch aus Dänemark und Südschweden sind Fundorte bekannt. Nach Osten hin ist die Arealgrenze unklar. Möglicherweise erstreckt sich ihr Lebensraum bis in die Mongolei. In Bayern konzentriert sich die Verbreitung vor allem auf das Mittelfränkische Becken, das Maintiefland, die Südliche Frankenalb und das Unterbayerische Hügelland rund um München.Im Landkreis Roth findet man die Blauflügelige Ödlandschrecke vor allem in den Sandabbaugebieten. Leider ist sie aber auch dort nicht häufig.

Als Lebensraum geeignet sind sonnenexponierte, trockenwarme Kahl- und Ödlandflächen mit sehr spärlicher Vegetation, wie Pionierstadien von Trockenrasen, Kalk- und Silikatmagerrasen. Auch Sandgruben, Steinbrüche, Kiesgruben, Bahndämme und Ruderalflächen sind geeignete Lebensbereiche für die Ödlandschrecke. Allerdings müssen die Flächen immer vegetationsfreie Stellen und kurzrasige Vegetation aufweisen. Kleinere Kahlflächen werden dann besiedelt, wenn sie über kahle Schneisen wie Fahrrinnen, Sand-, Kies- oder andersartige offene Trockenstreifen erreicht werden können.

Die Blauflügelige Ödlandschrecke lebt praktisch ausschließlich auf dem Boden. Krautige oder Grasvegetation wird nie erklommen, dichtere Vegetation grundsätzlich gemieden.

Als Nahrung dienen Gräser und Kräuter des Lebensraums, wobei keine bestimmten Pflanzenarten bevorzugt werden. Einseitige Ernährung in Fütterungsversuchen überlebten die Tiere aber nicht. Gelegentlich wird auch Aas gefressen.

Die Tiere verlassen sich bei Annäherung auf ihre hervorragende Tarnung. Sie ducken sich regungslos auf den Boden und fliegen erst ab, wenn die sehr kurze Fluchtdistanz unterschritten wird. Um zu fliegen, springen sie mit den Hinterbeinen ab und öffnen die Flügel. Völlig überraschend tritt eine intensiv blaue Färbung der Hinterflügel auf, obwohl die Tiere ansonsten völlig unscheinbar sind. Die leuchtende Farbe könnte ein Schrecksignal darstellen und Feinde kurzzeitig verwirren. Meist fliegen die Ödlandschrecken nur kurze Strecken von ca. 10 m Länge. Unmittelbar vor der Landung werden die Flügel eingeklappt und ein scharfer Haken geflogen. Die Landung erfolgt bevorzugt auf solchem Boden, der der eigenen Färbung und Musterung entspricht, so dass der Verfolger das Tier nicht leicht entdecken kann.

Die erwachsenen Tiere zeigen kein besonders ausgeprägtes Balzverhalten. Männchen suchen meist auf dem Boden nach Weibchen. Paarungswillige Weibchen zeigen ihre Bereitschaft durch kurze Lockflüge. Auf dem Boden machen sie durch langsames Auf- und Abbewegen der Hinterschenkel auf sich aufmerksam. Paarungsauslösend auf die Männchen wirkt die Körpergröße der Weibchen, nicht die arteigene Färbung. Deshalb treten auch immer wieder erfolglose Paarungsversuche mit Tieren anderer Heuschreckenarten auf. Manchmal werden auch Holzstückchen oder andere Gegenstände bestiegen.

Die Weibchen legen nach und nach etwa acht bis neun Eipakete mit je 14 Eiern im Boden ab. Da die Eier trockenheits- und hitzeempfindlich sind, bohren die Weibchen mit ihrem Eiablegeapparat so tief in den Boden, bis die Feuchtigkeits- und Temperaturverhältnisse passen. Die Eier überwintern im Boden. Im Frühling schlüpfen aus den Eiern Nymphen, d.h. Larven, die den Eltern schon ähnlich sehen, aber weder Flügel, noch einen Geschlechtsapparat besitzen. Mit jeder Häutung wachsen die Tiere und nähern sich in Aussehen und Fähigkeiten den Imagines an. Bei den Männchen treten vier, bei den Weibchen fünf Häutungen bis zum Erwachsenenstadium auf. Die Entwicklung wird auch als unvollkommene Verwandlung (Hemimetabolie) bezeichnet. Die Entwicklung bis zum Imaginalstadium dauert etwa 40 – 50 Tage, so dass die ersten erwachsenen Tiere ab Juni auftreten. Die maximale Anzahl an Tieren wird in den Monaten August und September erreicht. Nach den ersten Frösten sterben die Imagines.

Zahlreiche Feinde stellen den Tieren nach: Größere Vögel, Reptilien (insbesondere Zauneidechsen), aber auch Spinnen schätzen die Ödlandschrecken als Nahrungsquelle. Parasiten wie Grabwespen, Milben, Nematoden und Pilzen fordern ebenfalls ihre Opfer.

In Bayern gilt die Blauflügelige Ödlandschrecke als stark gefährdet. Nach der Bundesartenschutzverordnung stellt sie eine besonders geschützte Art dar.

Hauptgefährdungsursache ist der Lebensraumverlust. Die Lebensbereiche dieser Insekten gehören zu den Grenzertragsstandorten, deren Bewirtschaftung schon seit Jahrzehnten unrentabel geworden ist. Durch fehlende Beweidung schließt sich die Vegetationsdecke, die Fläche verbuscht und eignet sich nicht mehr für die Ödlandschrecke. Die Zahl der geeigneten Ersatzbiotope nimmt ab, da diese Flächen oft bebaut oder aufgeforstet werden. Zunehmende Urbanisierung und Aufforstung bewirken eine zunehmende Zersiedelung und damit eine zunehmende Verinselung der noch bestehenden Bestände. Dadurch steigt die Gefahr der Inzucht und der langsamen Auslöschung kleinerer Bestände. Als Minimalzahl gelten 50 – 60 Tiere für eine überlebensfähige Population. Verstärkt wird die Gefährdung der Bestände durch die Tatsache, dass die Tiere nur ein sehr geringes Wanderinteresse zeigen. 80% der Tiere wandern nicht mehr als 10 m und nur 0,5% bis 350 m. Die Maximaldistanz beträgt bei der Art etwa 800 m.

Die wichtigste Schutzmaßnahme liegt zunächst in der Stabilisierung der bestehenden Bestände. Die Lebensräume sollten unbedingt erhalten und gepflegt werden. Gute Erfolge können mit Hilfe der Beweidung durch Schafe und Ziegen erzielt werden, um die Vegetation kurz zu halten und durch Tritt Bodenverletzungen und somit offene Stellen zu schaffen. Abbaugebiete sollten nach der Ausbeutung nicht wieder verfüllt und der intensiven land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung zugeführt, sondern als Sekundärlebensraum erhalten und gepflegt werden.

Quellen:

  • Schlumprecht, H., Waeber, G., Heuschrecken in Bayern, Stuttgart 2003, S. 206 – 209.
  • Hessisches Amt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, Artensteckbrief Blauflügelige Ödlandschrecke Stand 2020
  • Wikipedia.org/wiki/blaufluegelige_ödlandschrecke aufgerufen am 12.05.2022