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Artenportrait: Silbergras ( Corynephorus canescens (L.) P. Beauv.

Die deutsche Bezeichnung leitet sich ab von den silbrig glänzenden Blütenständen, kann aber auch zurückgeführt werden auf die silbrig graugrün erscheinenden Blattspreiten. Der Fachbegriff basiert auf den griechischen Worten „koryne“ = Keule und „phorein“ = tragen und bezieht sich auf die außergewöhnliche keulenförmige Granne in den Ährchen. Die lateinische Ergänzung „Canescens“ bedeutet grau aussehend bzw. ergrauend und verweist auf die graugrüne Farbe der Blätter.

Beim Silbergras handelt es sich um eine ausdauernde, krautige, immergrüne Pflanze, die im blühenden bzw. fruchtenden Zustand 10 bis maximal 35 cm Höhe erreicht. Die aufrecht abgespreizten Halme und Blätter bilden dichte Horste und geben der Pflanze eine etwa halbkugelige Form. Die Halme sind auffallend dünn und unbehaart, aber leicht rau und tragen zwei bis sieben Knoten unterhalb der Mitte. Die ca. sechs Zentimeter langen und 0,5 cm breiten Spreiten der Blätter sind der Länge nach zusammengerollt und dadurch sehr steif. Insgesamt entsteht somit ein recht „borstiges“ Aussehen. Der Überzug mit einer kräftigen Wachsschicht lässt das Gras silbrig graugrün erscheinen.

Die Pflanzen blühen von Juni bis August, selten auch noch im September oder Oktober. Die fein verzweigte Rispe des Blütenstands wird bis zu 8 cm lang. Halme und Ährchen sind manchmal bunt, meist aber purpurn, gelegentlich auch bleichgrün gefärbt. Die zweiblütigen Ährchen sind etwa 4 mm lang, schmal und seitlich leicht zusammengedrückt. Die Hüllspelzen schließen die Deckspelzen fast vollständig ein. Beide Spelzen weisen nur schwach ausgeprägte Nerven auf. Zu jeder Blüte gehört eine hellbraune, bereits am Grund freie Granne. In der Mitte trägt sie einen kurzen, feinen Haarkranz und ist am Ende keulenförmig verdickt. Dieses nicht sehr auffällige Merkmal charakterisiert die Pflanze ganz eindeutig.

Silbergras besiedelt häufig reine Sandböden, die sich stark erwärmen und austrocknen. Die Pflanze

kann unter diesen widrigen Bedingungen nur bestehen, weil sie mit besonderen „Einrichtungen" ausgestattet ist: Ein reich verzweigtes Wurzelwerk wird bis in tiefere Schichten ausgebildet.

Zusätzlich wird die Oberfläche der Wurzeln vergrößert durch feinste Haarwurzeln. Auf diese Weise können auch geringste Wasserreserven noch erschlossen werden. Die konkurrierenden Wurzeln sorgen dafür, dass zwischen den einzelnen Horsten ein größerer Abstand entsteht, der die Versorgung der einzelnen Pflanze begünstigt. Das dichte Wurzelgeflecht fördert die Festigung des Bodens und verringert so die Gefahr des Abwehens von Sand. Dies ist gerade bei Wanderdünen wichtig. Die starren Halme und borstartigen Blätter sammeln sowohl Tau, als auch Regen und leiten das Wasser den Wurzeln zu.

Die Bodenoberflächen von Sandböden können sich bis über 70 Grad Celsius aufheizen. Der Wasserhaushalt der Pflanzen wird dadurch natürlich besonders gefährdet. Verschiedene Merkmale des Grases schützen vor einer übermäßigen Verdunstung: Die deutlich ausgebildete Wachsschicht an Blättern und Halmen verhindert den Wasserverlust über Oberflächengewebe. Das Einrollen der Blätter verringert die Verdunstungsoberfläche zusätzlich, da die Spaltöffnungen im Inneren des gebildeten Hohlraums vor Wind besonders geschützt liegen, sodass das Wegwehen von verdunstendem Wasser stark eingeschränkt wird. Bei besonders hohen Temperaturen werden die Spaltöffnungen völlig geschlossen, um Wasserverlust zu vermeiden. In diesem Zustand kann die Pflanze allerdings nicht mehr assimilieren, also weder Gasaustausch betreiben, noch lebenswichtige Kohlenhydrate und Nährstoffe herstellen. Das extrem langsame Wachstum des Grases ist also nicht nur bedingt durch die äußerst mineralstoffarmen Böden, sondern auch durch die rigorosen Schutzmechanismen der Pflanze.

Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch den Wind. Die Staubblätter mit ihren großen Staubbeuteln hängen dabei aus dem Ährchen heraus. Zusätzlich ist (während dieser Zeit) die Rispe ausgebreitet. Bei ungünstigen Bedingungen kann allerdings auch eine Selbstbestäubung erfolgen. Die Samenreife erfolgt im September.Die Samen sind sehr klein und können durch ihr sehr geringes Gewicht (0,1 mg) mit dem Wind verweht werden. Aber auch Tiere sorgen für eine weitere Verbreitung der Pflanze: Die Samen werden gefressen, können aber nicht verdaut werden.Damit findet eine „natürliche Aussaat“ an neuen Standorten statt. Bei Trockenheit krümmen sich die Spelzen ein. Sie bleiben dadurch im Fell von Tieren hängen und werden an anderer Stelle wieder abgeworfen.

Schließlich können sich die Samen durch den Wechsel zwischen Trockenheit und Feuchtigkeit auch selbst verbreiten: Bei Trockenheit schließen sich die Ährchen. Wenn sie feucht werden, strecken sich die Härchen der Granne und die Granne selbst, sodass das Ährchen auseinander gedrückt wird. Durch diese wechselnden Verhältnisse können sich die Ährchen selbst bewegen und bei entsprechender Stellung sogar in den Boden einbohren.

Das Verbreitungsgebiet des subatlantischen – submediterranen Florenelements liegt in Mittel- und Westeuropa und reicht bis in den Mittelmeerraum. Im küstenfernen Binnenland findet man das Silbergras selten, in den Gebirgen fehlt es ganz. Das attraktive Gras wächst auf warmen, trockenen, mineralstoff- und basenarmen, kalkfreien, neutral bis saueren, meist humus- und feinerdearmen, lockeren und durchlässigen Sandrohböden in tieferen Lagen. Es ist ein Erstbesiedler auf Flugsanden, Küsten- und Binnendünen, sowie Flugsanddecken. Man findet es auch auf sandigen Brachen, Sandwegen, offensandigen, lichten Kiefern- und Birkenwäldern und in aufgelassenen Sandgruben. Das Silbergras ist die kennzeichnende Art der Silbergrasfluren, die sich durch die Extrembedingungen Hitze, Trockenheit und Mineralstoffarmut ( „Nährstoffarmut“ ) auszeichnen.

Deutschlandweit ist das Silbergras nicht gefährdet. Allerdings zählt es in manchen Bundesländern (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg) zu den gefährdeten Arten. In Thüringen ist es vom Aussterben bedroht. Ursache für die Bedrohung sind die zunehmende Zerstörung des Lebensraums, vor allem aber auch der Stickstoffeintrag aus der Luft, der in erster Linie durch den Kraftfahrzeugverkehr und die Güllewirtschaft verursacht wird.

Quellen:

  • Gatterer, K., Nezadal,W., Flora des Regnitzgebietes, Eching 2003, S. 876
  • Jäger, E. (Hrsg.), Werner Rothmaler Exkursionsflora Atlas der Gefäßpflanzen, Berlin 1988, S. 714
  • Oberdorfer,E., Pflanzensoziologische Exkursionsflora, Stuttgart 1979, S. 239
  • Sebald, Seybold, Philippi, Wörz, Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs Band 7, Stuttgart 1998, S. 327 – 329
  • de.wikipedia.org/wiki/Silbergras aufgerufen am 14. 05. 2022