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Kleiner Schillerfalter

Allgemeines

Der Kleine Schillerfalter gehört zur Familie der Edelfalter (Nymphalidae). Zur gleichen Familie zählen der Große Schillerfalter, die Perlmuttfalter, die Schecken-und die Augenfalter. Bei allen Schillerfaltern zeigen die Männchen auf der Oberseite der Vorderflügel auffallende bläulich oder rötlich schillernde Strukturfarben, die durch Interferenz erzeugt werden. Die Artbezeichnung „ilia“ bezieht sich auf den Namen der Mutter von Romulus und Remus, die nach der römischen Mythologie Rom gegründet haben.

Merkmale

Wie bei vielen Faltern sind Kopf, Brust und Hinterleib ziemlich stark beborstet und einheitlich dunkelbraun bis schwarz gefärbt. Am Kopf befindet sich ein Paar langer dunkler Fühler, die keulig verdickte Enden haben. Die Flügel weisen regelmäßig angeordnete helle Flecken und Farbbänder auf dunklem Grund auf. Die Flügelspannweite beträgt ca. 55 – 60 Millimeter.

In Bayern kennt man zwei Farbmorphen: die Blauschiller- und die Rotschillerform. Bei der häufigeren Blauschillerform sind die Flecken und Bänder weiß, bei der Rotschillerform rötlich gefärbt.

Großer und Kleiner Schillerfaltersind sich sehr ähnlich in Größe und Aussehen. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist der ringförmige rötlich gefasste schwarze Fleck auf der Oberseite der Vorderflügel, der nur beim Kleinen Schillerfalter gut sichtbar ist. Die Oberseite der Hinterflügel trägt bei beiden Faltern basisnah eine helle Querbinde. Beim Großen Schillerfalter tritt zusätzlich in jeder Hinterflügelbinde eine keilförmige, nach hinten gerichtete weiße Spitze auf.

Beim Kleinen Schillerfalter umfasst die Gelbbraunfärbung mindestens ein Viertel der Fühlerkolbenspitze, beim Großen Schillerfalter dagegen bedeckt sie höchstens den äußersten Spitzenteil.

Die Färbung der Flügelunterseite ist beim Großen Schillerfalter wesentlich dunkler und kontrastreicher als beim Kleinen Schillerfalter.

Verbreitung

Das geschlossene Areal des Kleinen Schillerfalters reicht von Nordportugal und Nordspanien über Mitteleuropa, den Balkan bis Westsibirien.Ein davon getrenntes Gebiet befindet sich in Ostsibirien und Nordostchina. Großbritannien, Fennoskandinavien und südlicher Mittelmeerraum zählen jedoch nicht zu seinem Verbreitungsgebiet.

In Bayern kommt der Falter in den meisten Naturräumen vor, allerdings selten in waldarmen Gebieten. Die Vorkommen konzentrieren sich besonders auf die Gehölzsäume in den Flusstälern. Er fehlt nur in den höheren Lagen der östlichen Grenzgebirge, der Mittelgebirge und der Alpen.

Lebensraum und Lebensweise

Der Falter besiedelt ein großes Spektrum verschiedener Waldtypen von Laub-, Misch- bis hin zu Nadelwäldern.Voraussetzung ist allerdings, dass dort ausreichend große Bestände der Zitterpappel (Populus tremula) vorkommen. Bevorzugt werden Waldränder , insbesondere von Auwäldern, in denen sich Espen häufig ansiedeln. Aber auch Forstwege oder Lichtungen sind geeignet. Larvalhabitate sind überwiegend besonnte, aber gleichzeitig luftfeuchte Standorte mit Sukzessionsstadien der Espe. Diese findet man oft auf Hieb- und Sturmwurfflächen aber auch in Teilen von Nieder- und Mittelwäldern. Die Espe stellt die wichtigste Nahrungspflanze dar. Man hat Larven aber auch schon auf Schwarz- und Hybridpappeln, sowie auf Ohr- und Salweide gefunden.

In Mitteleuropa treten ein bis zwei Generationen jährlich auf. Die Falter der ersten Generation fliegen Ende Juni und im Juli, die der zweiten im August und September. Eine zweite Generation findet man bisher nur sporadisch in ausgesprochenen Wärmegebieten.

Die Männchen halten sich gerne in Bodennähe auf. Vor allem Vormittags kann man größere Ansammlungen von männlichen Faltern beobachten, die sich auf feuchter Erde oder an Pfützen einfinden, um, in Gemeinschaft, Flüssigkeit aufzusaugen. Auch stark riechende Substanzen wie Aas, Kot und Jauche werden zu diesem Zwecke genutzt. Die Tiere erhalten so die Mineralien, die sie zur Fortpflanzungsfähigkeit benötigen.

Die Weibchen leben versteckt im Kronenbereich der Bäume. Dort suchen die Falter nach kohlenhydratreicher Nahrung, wie Honigtau, überreifen Früchten oder Baumsäften.

Balz und Paarung finden im Bereich der Wipfel hoher Bäume statt und sind folglich nicht leicht zu beobachten.

Zur Eiablage überfliegen die Weibchen große Gebiete, um die Eier einzeln an vielen verschiedenen Espen in 1,2 bis 2,5 m Höhe abzulegen. Bevorzugte Eiablageplätze sind sonnige oder halbschattige Zweige junger Espen. Das Ei wird immer auf der Blattoberseite nahe der Blattspitze abgelegt, gerne direkt neben Nekrosen, Blattgallen oder Blattverletzungen. Frisch abgelegte Eier sind grau gefärbt. Kurze Zeit später nehmen sie die Farbe des Espenblatts an.

Nach 6 bis 14 Tagen schlüpfen die Jungraupen. In allen Larvalstadien sind sie grün gefärbt wie das Espenlaub. Die Jungraupen erinnern sehr an Würmer. Jede Raupe lebt allein auf einem Blatt, auf dem sie sich ein Sitzpolster spinnt. Nach Weidemann bleiben die Raupen nicht am Eiablageplatz, sondern bewegen sich im Bereich der gesamten Baumkrone. Sie benagen die Espenblätter jeweils nur auf einer Seite.

Im zweiten und dritten Larvenstadium tragen die Raupen Kopfhörner. Sie verspinnen im Herbst ihr Sitzblatt mit dem Zweig der Espe, um beim herbstlichen Laubfall zu verhindern, dass das Blatt mit der Raupe vom Baum fällt. Später schmiegt sich die nun graubraun gefärbte Raupe an den Espenzweig neben einer Blattknospe. Aber auch Rindenritzen werden als gut geeignete Überwinterungsorte genutzt.

Im April erwacht die Raupe und beginnt zu fressen. Bereits nach kurzer Zeit nimmt sie wieder ihre grünliche Färbung an. Nach einer Häutung ähnelt sie einer Nacktschnecke mit Kopfhörnern und einer v-förmigen gelben Rückenzeichnung. Ende Mai, Anfang Juni spinnt sich die Raupe schließlich unter einem Blatt ein und häutet sich zur farblich ans Espenblatt angepassten Stürzpuppe. Nach 11 bis 14 Tagen schlüpft der Falter der nächsten Generation.

Bestandssituation, Schutzmaßnahmen

In den letzten Jahren beobachtete man in den Kernarealen in Nordbayern eine Zunahme der Art. Zudem wurden neue Gebiete besiedelt. Allerdings gibt es auch lokale Rückgänge, die vor allem in Wirtschaftswäldern auftreten, wenn die frühen Sukzessionsstadien der Espe nicht geduldet werden.

Der Kleine Schillerfalter ist nach Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Sowohl in Bayern, wie auch in der Bundesrepublik wird die Art in der Vorwarnliste geführt.

Besonders gut für die Erhaltung des Kleinen Schillerfalters eignen sich Nieder- und Mittelwälder. In beiden Waldtypen treten die wichtigen frühen Sukzessionsstadien der Zitterpappel jedes Jahr auf eng benachbarten Flächen auf. Waldnahe Offenlandstandorte mit Espenaufwuchs sollten wenigstens stellenweise erhalten werden. Insbesondere an Forstwegen und in jungen Forstkulturen sollte man auf eine Entfernung der Weichholzarten verzichten.

 

Quellen:

Bräu, Bolz, Kolbeck, Nummer,Voith, Wolf: Tagfalter in Bayern,S. 436 – 438, Stuttgart 2013
Weidemann,H.-J. : Tagfalter, Band 2, S. 236 – 242, Melsungen 1988
https://www.bund-rlp.de/themen/tiere-pflanzen/schmetterling/artenportraets-der-tagfalter/kleiner-schillerfalter
https://www.wikipedia.org/wiki/Kleiner_Schillerfalter