Zur Startseite

Ortsgruppen

  • Home  › 
  • Aktuelles

Naturschützer gegen Glyphosat

Das Thema Pflanzenvernichtungsmittel Glyphosat wird im Landkreis Roth unterschiedlich von Naturschützern auf der einen Seite und Bauernverband und Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten auf der anderen Seite bewertet. Das wurde bei einem von der Bund Naturschutz-Kreisgruppe Roth organsiertem Vortrag von Melanie Eben vom Umweltinstitut München in der Aula der Landwirtschaftsschule deutlich.

24.03.2014

Roth - Das Thema Pflanzenvernichtungsmittel Glyphosat wird im Landkreis Roth unterschiedlich von Naturschützern auf der einen Seite und  Bauernverband und Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten auf der anderen Seite bewertet. Das wurde bei einem von der Bund Naturschutz-Kreisgruppe Roth organsiertem Vortrag von Melanie Eben vom Umweltinstitut München in der Aula der Landwirtschaftsschule deutlich. Glyphosat ist der weltweit meistgenutzte Herbizidwirkstoff und wird in verschiedenen Zusammensetzungen und unter verschiedenen Markennamen (z. B. Roundup) vertrieben. Besonders in Ländern wie Argentinien, Brasilien und Paraguay hat sich infolge des verstärkten Anbaus von gentechnisch verändertes Soja die ausgebrachte Menge an glyphosathaltigen Herbiziden stark erhöht. Doch auch in Deutschland wird Glyphosat beim Anbau einer Vielzahl von Feldfrüchten, aber auch in der Forstwirtschaft und von Hobbygärtnern zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. In Deutschland werden über 5000 Tonnen Glyphosat hauptsächlich in der Landwirtschaft, aber auch in Kleingärten ausgebracht (Stand 2010). Seit 1993 hat sich wegen des sinkenden Preises die Menge des verkauften Giftes in Deutschland mehr als verfünffacht (Bundesregierung 2011). In diesem Jahr lief das Patent von Monsanto aus. Seither drängen auch Nachahmer-Herbizide anderer Firmen auf den Markt. Glyphosat wird in Deutschland nicht nur zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. Seit einigen Jahren wird auch die "Sikkation", (dt. chemische Trocknung) von Getreide und Raps vor der Ernte zunehmend durchgeführt. Ziel das Totspritzens ist die Ernteerleichterung. Es müssen lediglich sieben (bei Getreide) bis 14 Tage Wartezeit nach dem Spritzen eingehalten werden. Während das behandelte Getreidestroh in Kultursubstraten und teilweise - wenn Tallowamine in der Rezeptur enthalten sind - in der Tierhaltung und Tierfütterung nicht eingesetzt werden darf, kann das so behandelte Getreidekorn zur Erzeugung von Brot und Backwaren oder zur Fütterung verwendet werden. Die Gefahr von Rückständen ist bei dieser Praxis sehr groß. In Österreich ist die Sikkation seit Juli 2013 verboten. Melanie Eben: "Statt die Bevölkerung zu schützen werden die Rückstandhöchstwerte an die jeweilige landwirtschaftliche Realität angepasst. Nicht die Lebensmittel, die am seltensten gegessen werden, sondern diejenigen, die am intensivsten gespritzt werden, haben hierzulande die höchsten zugelassenen Grenzwerte."  Die Rückstandshöchstgehalte beziehen sich immer auf eine Wirkstoff/Kultur-Kombination und berücksichtigen die jeweilige Anwendungsart. Die Höhe der erlaubten Rückstände wird auf Basis von Rückstandsversuchen ermittelt, die nach den Regeln der guten landwirtschaftlichen Praxis durchgeführt werden. Für Glyphosat sind folglich je nach Kultur und Anwendungsart unterschiedliche Rückstandshöchstgehalte festgelegt. Der Rückstandshöchstgehalt für den Einsatz als Mittel zur Bekämpfung von Wildkräutern in Getreidekulturen (also Einsatz vor der Saat) liegt zum Beispiel für  Buchweizen und Reis bei 0,1 mg je Kilogramm Erntegut. Wird Glyphosat zur Vorerntebehandlung (Sikkation) unmittelbar vor der Ernte eingesetzt, dann gilt für Weizen und Roggen beispielsweise ein Rückstandshöchstgehalt von 10 mg je Kilogramm Erntegut, also das 100fache. (Quelle BVL 2014). So wurde bei Linsen der  Grenzwert von 0,1 mg/kg im Jahr 2008 auf das 100-fache, also 10 mg/kg 2012 erhöht, und von den Getreideproben, die nach einer Sikkation genommen wurden, waren in NRW 69,7 %, in Rheinland-Pfalz 28,6 % mit Glyphosat belastet. Ergebnisse einer Untersuchung der Universität Leipzig belegen, dass bei Menschen aus Berlin, die keinen direkten Kontakt zur Landwirtschaft haben, Glyphosat im Urin nachgewiesen wurde. Und zwar in allen Proben. Laut den Herstellerangaben baut sich Glyphosat angeblich schnell ab und hätte demnach gar nicht im menschlichen Urin zu finden sein dürfen. Die mögliche Kontaminationsquelle können nur Lebensmittel sein. Inzwischen gibt es weitere Untersuchungen: Auch sie zeigen, dass sowohl im Körper von Menschen als auch von Tieren Glyphosat gefunden wird. Eine Studie des Netzwerkes Friends of the Earth ergab: Sieben von zehn Menschen in Deutschland, die auf Glyphosat untersucht wurden, hatten das Unkrautvernichtungsmittel im Urin, ohne dass sie mit dem Wirkstoff durch Ausbringung Kontakt hatten. Prof. Dr. Monika Krüger von der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig hat die Wirkung Glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel auf biologische Systeme untersucht. Es wurden u.a. Veränderungen bei Bodenmikroorganismen festgestellt sowie eine Anreicherung von Glyphosat in tierischen Geweben und im Urin erkrankter Tiere. Das Umweltbundesamt warnt vor ökologischen Risiken: Der Wirkstoff trage wesentlich zur Verarmung der biologischen Vielfalt in landwirtschaftlich geprägten Ökosystemen bei, indem er Vögeln wie der Feldlerche indirekt die Nahrungsgrundlage entziehe (UBA 2014). Dr. Renate Brunner, Pflanzenbauberaterin am AELF in Roth, sieht Glyphosat durch die Einschätzung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als sicher an. Durch die Möglichkeit der Spritzung mit Glyphosat vor der Saat konnten Landwirte für Mulchsaat und Zwischenfruchtanbau  gewonnen werden, was Erosion verhindere. Im Privathaushalt- und Kleingartenbereich ist sie aber gegen den Einsatz von Glyphosat. Zur Ausweitung des Glyphosateinsatzes sagte Herr Dorner vom Bauernverband, dass dies vor allem durch neue Anbaumethoden wie pfluglose Bewirtschaftung hervorgerufen werde. Die Einsatzbereiche von Glyphosat seien vor allem nach der Ernte und vor der Saat. Bauernverbands-Kreisobmann Thomas Schmidt verwendet nach Abwägung lieber Glyphosat als andere, teurere Mittel. Peter Zogg vom Bund Naturschutz aus Thalmässing war sich sicher, dass Landwirtschaft auch ohne Glyphosat möglich sei. Bernd Weinhardt vom LBV aus Gauchsdorf sieht einen erhebliche Rückgang von Wasserpflanzen in Still- und Fließgewässern und ist sich sicher, dass dies mit dem Eintrag von Pflanzenvernichtungsmitteln zusammen hängt. Imkermeister Hans Beer aus Heideck ist sehr besorgt über die Abdrift von Pflanzen- und Insektenvernichtungsmitteln auf blühende Pflanzen - dies wirke sich sehr nachteilig auf die Insekten und in der Folge auf Vögel usw. aus.